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Bundesanzeiger Nr. 61 (S. 6501) vom 29. März 2004
Bekanntmachungen
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung [1679 A] Bekanntmachung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über eine Änderung der Richtlinien über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) Vom 1. Dezember 2003
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat in seiner Sitzung vom 1. Dezember 2003 beschlossen, die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien in der Fassung vom 3. September 1991 (Bundesarbeitsblatt Nr. 11 vom 31. Oktober 1991) aufzuheben und wie folgt neu zu erlassen:
„Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) Inhaltsverzeichnis § 1 Präambel
§ 2 Definition und Bewertungsmaßstäbe § 3 Ausnahmetatbestände
§ 4 Verfahren der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit § 5 Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit und Entgeltfortzahlung § 6 Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung § 7 Zusammenwirken mit anderen Einrichtungen § 8 Grundsätze der stufenweisen Wiedereingliederung § 9 Inkrafttreten
Anlage: Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung § 1 Präambel
(1)      Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und die Bescheinigung über ihre voraussichtliche Dauer erfordern — ebenso wie die ärztliche Beurteilung zur stufenweisen Wiedereingliederung — wegen ihrer Tragweite für den Versicherten und ihrer arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen sowie wirtschaftlichen Bedeutung besondere Sorgfalt.
(2)                Diese Richtlinien haben zum Ziel, ein qualitativ hochwertiges, bundesweit standardisiertes Verfahren für die Praxis zu etablieren,
das den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen
Vertragsarzt, Krankenkasse und Medizinischem Dienst verbessert.
§ 2 Definition und Bewertungsmaßstäbe
(1)                Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte auf Grund
von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte
Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung
der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist
darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen.
(2)                Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen
Wiederaufnahme der Arbeit fort, durch die dem Versicherten die
dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durch eine schrittweise Heranführung an die volle Arbeitsbelastung ermöglicht werden soll. Ebenso gilt die befristete Eingliederung eines arbeitsunfähigen Versicherten in eine Werkstatt für behinderte Menschen nicht als Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit. Arbeitsunfähigkeit kann auch während einer Belastungserprobung und einer Arbeitstherapie bestehen.
(3)  Arbeitslose sind arbeitsunfähig, wenn sie aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage sind, leichte Tätigkeiten an mindestens 15 Wochenstunden zu verrichten1). Dabei ist es unerheblich, welcher Tätigkeit der Versicherte vor der Arbeitslosigkeit nachging. Wird bei Arbeitslosen innerhalb der ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit erkennbar, dass die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird, ist das auch auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu vermerken2).
(4)      Versicherte, bei denen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis endet und die aktuell keinen anerkannten Ausbildungsberuf ausgeübt haben (An- oder Ungelernte), sind nur dann arbeitsunfähig, wenn sie die letzte oder eine ähnliche Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausüben können. Die Krankenkasse informiert den Vertragsarzt über das Ende der Beschäftigung und darüber, dass es sich um einen an- oder ungelernten Arbeitnehmer handelt, und nennt ähnlich geartete Tätigkeiten. Beginnt während der Arbeitsunfähigkeit ein neues Beschäftigungsverhältnis, so beurteilt sich die Arbeitsunfähigkeit ab diesem Zeitpunkt nach dem Anforderungsprofil des neuen Arbeitsplatzes.
(5)     Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit setzt die Befragung des Versicherten durch den Arzt zur aktuell ausgeübten Tätigkeit und den damit verbundenen Anforderungen und Belastungen voraus. Das Ergebnis der Befragung ist bei der Beurteilung von Grund und Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu berücksichtigen. Zwischen der Krankheit und der dadurch bedingten Unfähigkeit zur Fortsetzung der ausgeübten Tätigkeit muss ein kausaler Zusammenhang erkennbar sein.
(6)     Rentner können, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben,
arbeitsunfähig nach Maßgabe dieser Richtlinien sein.
(7)     Für körperlich, geistig oder seelisch behinderte Menschen, die
in Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten
beschäftigt werden, gelten diese Richtlinien entsprechend.
(8)     Für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Durchführung
medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
gelten diese Richtlinien entsprechend. Sie gelten auch bei
einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation oder einem
unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 des Strafgesetzbuches
(StGB) vorgenommenen Abbruch der Schwangerschaft
(Beratungsregelung).
(9)  Ist eine Dialysebehandlung lediglich während der vereinbarten
Arbeitszeit möglich, besteht für deren Dauer, die Zeit der
Anfahrt zur Dialyseeinrichtung und für die nach der Dialyse erforderliche Ruhezeit Arbeitsunfähigkeit. Dasselbe gilt für andere extrakorporale Aphereseverfahren. Die Bescheinigung für im voraus feststehende Termine soll in Absprache mit dem Versicherten in einer für dessen Belange zweckmäßigen Form erfolgen.
(10)  Ist ein für die Ausübung der Tätigkeit oder das Erreichen des
Arbeitsplatzes erforderliches Hilfsmittel (z. B. Körperersatzstück)
defekt, besteht Arbeitsunfähigkeit so lange, bis die Reparatur des
Hilfsmittels beendet oder ein Ersatz des defekten Hilfsmittels
erfolgt ist.
§ 3 Ausnahmetatbestände
(1)     Arbeitsunfähigkeit besteht nicht, wenn andere Gründe als eine
Krankheit des Versicherten Ursache für eine Arbeitsverhinderung
sind.
(2)     Arbeitsunfähigkeit liegt nicht vor
— bei Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes. Die Bescheinigung hierfür hat auf dem vereinbarten Vordruck (Muster Nummer 21) zu erfolgen, der dem Arbeitgeber
vorzulegen ist und zur Vorlage bei der Krankenkasse zum Bezug von Krankengeld ohne Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit des Versicherten berechtigt,
— für Zeiten, in denen ärztliche Behandlungen zu diagnostischen
oder therapeutischen Zwecken stattfinden, ohne dass diese
Maßnahmen selbst zu einer Arbeitsunfähigkeit führen,
— bei Inanspruchnahme von Heilmitteln (z. B. physikalisch-medizinische
Therapie),
— bei Teilnahme an ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation
oder rehabilitativen Leistungen anderer Art (Koronarsportgruppen
u. a.),
— bei Durchführung von ambulanten und stationären Vorsorgeund
Rehabilitationsleistungen, es sei denn, vor Beginn der Leistung
bestand bereits Arbeitsunfähigkeit und diese besteht fort
oder die Arbeitsunfähigkeit wird durch eine interkurrente Erkrankung ausgelöst,
—     wenn Beschäftigungsverbote nach dem Infektionsschutzgesetz
oder dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) (Zeugnis nach § 3
Abs. 1 MuSchG) ausgesprochen wurden,
— bei Organspenden für die Zeit, in welcher der Organspender
infolge seiner Spende der beruflichen Tätigkeit nicht nachkommen
kann,
— bei kosmetischen und anderen Operationen ohne krankheitsbedingten
Hintergrund und ohne Komplikationen oder
— bei einer nicht durch Krankheit bedingten Sterilisation (Verweis
auf § 5 Abs. 1 Satz 3 dieser Richtlinien).
§ 4 Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
(1)  Bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind körperlicher,
geistiger und seelischer Gesundheitszustand des Versicherten gleichermaßen zu berücksichtigen. Deshalb dürfen die Feststellung
von Arbeitsunfähigkeit und die Empfehlung zur stufenweisen Wiedereingliederung nur auf Grund ärztlicher Untersuchungen erfolgen.
(2)      Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit ist Voraussetzung
für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und für
den Anspruch auf Krankengeld.
(3)      Der Vertragsarzt teilt der Krankenkasse auf Anforderung vollständig
und in der Regel innerhalb von drei Werktagen weitere
Informationen auf den vereinbarten Vordrucken mit. Derartige
Anfragen seitens der Krankenkasse sind in der Regel frühestens
nach einer kumulativen Zeitdauer der Arbeitsunfähigkeit eines
Erkrankungsfalles von 21 Tagen zulässig. In begründeten Fällen
sind auch weitergehende Anfragen der Krankenkasse möglich.
(4)      Sofern der Vertragsarzt— abweichend von der Feststellung im
Entlassungsbericht der Rehabilitationseinrichtung — weiterhin
Arbeitsunfähigkeit attestiert, ist diese von ihm zu begründen.
§ 5 Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit und Entgeltfortzahlung
(1)      Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auf dem dafür vorgesehenen
Vordruck (Muster Nummer 1) dürfen nur von Vertragsärzten
oder deren persönlichen Vertretern für die Erstfeststellung einer
Arbeitsunfähigkeit und während der Zeit des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall ausgestellt werden. In der
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind die Diagnosen einzutragen,
welche die Arbeitsunfähigkeit begründen, und entsprechend den
Bestimmungen des § 295 SGB V zu bezeichnen. Gleiches gilt während
des Anspruchs auf Fortzahlung der Entgeltersatzleistungen
(z. B. Arbeitslosengeld, Übergangsgeld). Bei einer nicht durch
Krankheit erforderlichen Sterilisation ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
ausschließlich für Zwecke der Entgeltfortzahlung
erforderlich.
(2)      Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Erstbescheinigung
angegeben, ist nach Prüfung der aktuellen Verhältnisse eine
ärztliche Bescheinigung jeweils mit Angabe aller aktuell die
Arbeitsunfähigkeit begründenden Diagnosen über das Fortbestehen
der Arbeitsunfähigkeit nach Muster Nummer 1 (Folgebescheinigung)
auszustellen. Symptome (z. B. Fieber, Übelkeit) sind nach
spätestens sieben Tagen durch eine Diagnose oder Verdachtsdiagnose
auszutauschen. Dies trifft auch zu, wenn aus gesundheitlichen
Gründen der Versuch der Wiederaufnahme einer Tätigkeit nach Beendigung der vom Arzt festgestellten Arbeitsunfähigkeit nicht erfolgreich war. Die Arbeitsunfähigkeit wird dadurch nicht unterbrochen, sondern besteht bis zur endgültigen Wiederaufnahme der Arbeit fort. Folgen zwei getrennte Arbeitsunfähigkeitszeiten mit unterschiedlichen Diagnosen unmittelbar aufeinander, dann ist für die zweite Arbeitsunfähigkeit eine Erstbescheinigung auszustellen.
(3)  Die Arbeitsunfähigkeit soll für eine vor der ersten Inanspruchnahme
des Arztes liegende Zeit grundsätzlich nicht bescheinigt
werden. Eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag ist ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und nur nach gewissenhafter Prüfung und in der Regel nur bis zu zwei Tagen zulässig.
(4)      Besteht an arbeitsfreien Tagen Arbeitsunfähigkeit, z. B. an
Samstagen, Sonntagen, Feiertagen, Urlaubstagen oder an arbeitsfreien
Tagen auf Grund einer flexiblen Arbeitszeitregelung (so
genannte „Brückentage"), ist sie auch für diese Tage zu bescheinigen.
(5)      Liegen dem Vertragsarzt Hinweise auf (z. B. arbeitsplatzbezogene)
Schwierigkeiten für die weitere Beschäftigung des Versicherten
vor, sind diese der Krankenkasse in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mitzuteilen (Verweis auf § 7 Abs. 4 dieser Richtlinien).
(6)  Bei Feststellung oder Verdacht des Vorliegens eines Arbeitsunfalls,
auf Folgen eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit,
eines Versorgungsleidens, eines sonstigen Unfalls oder bei Vorliegen
von Hinweisen auf Gewaltanwendung oder drittverursachte
Gesundheitsschäden ist gemäß § 294a SGB V auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
ein entsprechender Vermerk anzubringen.
§ 6 Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlung
(1)      Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung bzw. der Fortzahlung von
Entgeltersatzleistungen ist ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit
vom Vertragsarzt auf der „Bescheinigung für die Krankengeldzahlung"
(Muster Nummer 17) zu attestieren. Diese Bescheinigung ist
stets mit allen aktuell die Arbeitsunfähigkeit begründenden Diagnosen — bezeichnet entsprechend den Bestimmungen des § 295 SGB V— auszustellen.
(2)                Die Bescheinigung für die Krankengeldzahlung soll in der
Regel nicht für einen mehr als sieben Tage zurückliegenden und
nicht mehr als zwei Tage im Voraus liegenden Zeitraum erfolgen.
Ist es auf Grund der Erkrankung oder eines besonderen Krankheitsverlaufs offensichtlich sachgerecht, können längere Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werden.
(3)  Die Bescheinigung über die letzte Arbeitsunfähigkeitsperiode
ist dann zu versagen, wenn der Kranke entgegen ärztlicher Anordnung
und ohne triftigen Grund länger als eine Woche nicht zur
Behandlung gekommen ist und bei der Untersuchung arbeitsfähig
befunden wird. In diesem Fall darf lediglich die Arbeitsfähigkeit
ohne den Tag ihres Wiedereintritts bescheinigt werden; zusätzlich
ist der vorletzte Behandlungstag anzugeben. Erscheint ein Versicherter
entgegen ärztlicher Aufforderung ohne triftigen Grund
nicht zum Behandlungstermin, kann eine rückwirkende Bescheinigung
der Arbeitsunfähigkeit versagt werden. In diesem Fall ist von
einer erneuten Arbeitsunfähigkeit auszugehen, die durch eine Erstbescheinigung
zu attestieren ist.
§ 7 Zusammenwirken mit anderen Einrichtungen
(1)  Der Arzt übermittelt dem Medizinischen Dienst auf Anfrage in
der Regel innerhalb von drei Werktagen die Auskünfte und krankheitsspezifischen
Unterlagen, die dieser im Zusammenhang mit
der Arbeitsunfähigkeit zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben
benötigt. Sofern vertraglich für diese Auskunftserteilung
Vordrucke vereinbart worden sind, sind diese zu verwenden.
(2)  Das Gutachten des Medizinischen Dienstes ist grundsätzlich
verbindlich. Bestehen zwischen dem Vertragsarzt und dem Medizinischen
Dienst Meinungsverschiedenheiten, kann der Vertragsarzt
unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse eine erneute Entscheidung auf der Basis eines Zweitgutachtens
beantragen. Sofern der Vertragsarzt von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, hat er diesen Antrag unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des Medizinischen Dienstes zu stellen.
(3)      Bei Feststellung oder Verdacht des Vorliegens eines Arbeitsunfalls
ist der Versicherte unverzüglich einem zur berufsgenossenschaftlichen
Heilbehandlung zugelassenen Arzt vorzustellen.
(4)      Kann der Versicherte nach ärztlicher Beurteilung die ausgeübte
Tätigkeit nicht mehr ohne nachteilige Folgen für seine
Gesundheit oder den Gesundungsprozess verrichten, kann die
Krankenkasse mit Zustimmung des Versicherten beim Arbeitgeber
die Prüfung anregen, ob eine für den Gesundheitszustand des Versicherten
unbedenkliche Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber möglich
ist.
§ 8 Grundsätze der stufenweisen Wiedereingliederung
Empfehlungen zur Ausgestaltung einer stufenweisen Wiedereingliederung
in das Erwerbsleben gemäß § 74 SGB V und § 28 des
Neunten Buches Sozialgesetzbuch finden sich in der Anlage dieser
Richtlinien.
§ 9 Inkrafttreten
Diese Richtlinien treten mit Wirkung zum 1. Januar 2004 in Kraft.
Anlage
Empfehlungen zur Umsetzung
der stufenweisen Wiedereingliederung
1.  Bei Arbeitsunfähigkeit kann eine Rückkehr an den Arbeitsplatz
auch bei weiterhin notwendiger Behandlung sowohl betrieblich
möglich als auch aus therapeutischen Gründen angezeigt sein.
Über den Weg der „stufenweisen Wiedereingliederung" wird
der Arbeitnehmer individuell, das heißt je nach Krankheit und bisheriger Arbeitsunfähigkeitsdauer schonend, aber kontinuierlich bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit an die Belastungen seines Arbeitsplatzes herangeführt.
Der Arbeitnehmer erhält damit die Möglichkeit, seine Belastbarkeit entsprechend dem Stand der wiedererreichten körperlichen, geistigen und seelischen Leistungsfähigkeit zu steigern. Dabei sollte die Wiedereingliederungsphase in der Regel einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten.
2.  Die stufenweise Wiedereingliederung erfordert eine vertrauensvolle
Zusammenarbeit zwischen Versichertem, behandelndem
Arzt, Arbeitgeber, Arbeitnehmervertretung, Betriebsarzt, Krankenkasse
sowie gegebenenfalls dem MDK und dem Rehabilitationsträger
auf der Basis der vom behandelnden Arzt unter Beachtung
der Schweigepflicht gegebenen Empfehlungen zur vorübergehenden
Einschränkung der quantitativen oder qualitativen
Belastung des Versicherten durch die in der Wiedereingliederungsphase
ausgeübte berufliche Tätigkeit.
Eine standardisierte Betrachtungsweise ist nicht möglich, sodass
der zwischen allen Beteiligten einvernehmlich zu findenden
Lösung unter angemessener Berücksichtigung der Umstände
im Einzelfall maßgebliche Bedeutung zukommt.
Der Vertragsarzt kann — mit Zustimmung des Versicherten —
vom Betriebsarzt, vom Betrieb oder über die Krankenkasse eine
Beschreibung über die Anforderungen der Tätigkeit des Versicherten
anfordern.
3.  Die infolge der krankheitsbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit
zu vermeidenden arbeitsbedingten Belastungen
sind vom behandelnden Arzt zu definieren. Der Vertragsarzt
kann der Krankenkasse einen Vorschlag unterbreiten, der die
quantitativen und qualitativen Anforderungen einer Tätigkeit
beschreibt, die aufgrund der krankheitsbedingten Leistungseinschränkung
noch möglich sind.
Ist die Begrenzung der Belastung des Versicherten durch vorübergehende
Verkürzung der täglichen Arbeitszeit medizinisch
angezeigt, kann auch dies eine geeignete Maßnahme zur stufenweisen
Wiedereingliederung sein.
4.  Eine stufenweise Wiedereingliederung an Arbeitsplätzen, für
die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach den
berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen erforderlich sind, kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Betriebsarztes erfolgen. Ausgenommen davon bleiben die Fälle, bei denen feststeht, dass die am Arbeitsplatz vorliegende spezifische Belas­tung keine nachteiligen Auswirkungen auf den Gesundungsprozess des Betroffenen selbst oder Unfall- oder Gesundheitsgefahren für ihn selbst oder Dritte mit sich bringen kann.
5.  Während der Phase der stufenweisen Wiedereingliederung ist
der Versicherte in regelmäßigen Abständen vom behandelnden
Arzt auf die gesundheitlichen Auswirkungen zu untersuchen.
Ergeben die regelmäßigen Untersuchungen eine Steigerung der
Belastbarkeit, ist eine Anpassung der stufenweisen Wiedereingliederung
vorzunehmen.
Stellt sich während der Phase der Wiedereingliederung heraus,
dass für den Versicherten nachteilige gesundheitliche Folgen
erwachsen können, ist eine Anpassung an die Belastungseinschränkungen
vorzunehmen oder die Wiedereingliederung
abzubrechen.
Ergibt sich während der stufenweisen Wiedereingliederung,
dass die bisherige Tätigkeit auf Dauer krankheitsbedingt nicht
mehr in dem Umfang wie vor der Arbeitsunfähigkeit aufgenommen
werden kann, so ist hierüber die Krankenkasse unverzüglich
schriftlich zu informieren.
6.  Erklärt der Arbeitgeber, dass es nicht möglich ist, den Versicherten
zu beschäftigen, ist die stufenweise Wiedereingliederung
nicht durchführbar.
7.     Alle Änderungen des vereinbarten Ablaufs der Wiedereingliederung
sind den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen.
8.     Voraussetzung für die stufenweise Wiedereingliederung ist die
Einverständniserklärung des Versicherten auf dem vereinbarten
Vordruck (Muster Nr. 20)
Auf diesem hat der Arzt die tägliche Arbeitszeit und diejenigen
Tätigkeiten anzugeben, die der Versicherte während der Phase
der Wiedereingliederung ausüben kann bzw. denen er nicht ausgesetzt
werden darf.
Der Arbeitgeber soll eine ablehnende Stellungnahme nach Nummer
6 der Anlage dieser Richtlinien ebenfalls auf dem Vordruck
bescheinigen."
1)      Entsprechend der Definition von Arbeitslosigkeit gemäß § 118 Abs. 1 des
Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III).
2)      Analog § 125 SGB III.
Köln, den 1. Dezember 2003 Der Vorsitzende J u n g
Beschlussbegründung:
Die seit 1991 unveränderten Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien bedurften dringend einer Aktualisierung.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hatte in seiner Sitzung am 26. Februar 2002 beschlossen, den bisherigen Arbeitsausschuss Nummer 6 und seine Unterausschüsse in einzelne
Arbeitsausschüsse zu überführen. Zur Überarbeitung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien wurde der Arbeitsausschuss Nummer 13 „Arbeitsunfähigkeit" neu eingesetzt.
Dieser neue Arbeitsausschuss konstituierte sich am 16. Dezember 2002.
Der Arbeitsausschuss erfüllt den Arbeitsauftrag des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 26. Februar 2003, indem er dem Bundesausschuss die vorliegende Neufassung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien zur Beschlussfassung vorlegt. Die vorliegende Richtlinie präzisiert die Bewertungsmaßstäbe für Arbeitsunfähigkeit beim Vorliegen von Arbeitslosigkeit und hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Krankenkasse und Vertragsarzt über die Einführung von Zeitkorridoren für die einzelnen Formulare zu verbessern.